Mit „Aspergers Schüler“ habe ich einen interessanten Roman gelesen, der auf zwei Zeitebenen spielt und in großen Teilen auf wahren Tatsachen beruht. Wir schreiben das Jahr 1986 und begleiten die junge Engländerin Sarah nach Wien. Mit einem Stipendium in der Tasche möchte sie ihre Doktorarbeit über den Arzt Dr. Hans Asperger schreiben, dessen Arbeiten sie schon immer fasziniert haben. Bei ihrer Recherchearbeit lernt sie den Journalisten Stefan kennen, der sie bei ihrem Vorhaben – sehr zum Leidwesen Sarahs Freundes – unterstützt.
Im zweiten Lesestrang begeben wir uns ins Jahr 1932. Ich lerne die junge und ambitionierte Schwester Viktorine kennen, die voller Bewunderung für den jungen Dr. Asperger ist, der seinen Fokus auf die Behandlung von Kindern mit Zwangsstörungen gelegt hat. Als Paradebeispiel dient der kleine Erich, an dem sich die Beiden, besonders Viktorine, „versuchen“. Doch bald müssen sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass die Nationalsozialisten dabei sind, ihnen einen dicken Strich durch die Rechnung zu machen. Erich gilt auf einmal als „unwertes Leben“ und nicht nur sein trauriger Leidensweg scheint vorbestimmt zu sein ….
Laura Baldini gibt mir mit ihrem Buch einen tiefen Einblick in das Leben mit einer Zwangsstörung und lässt mich teilhaben am Bekämpfen des Andersseins. Anschaulich beschreibt sie die damalige Situation in Krankhäusern, die Überforderung und oft wohl auch Gleichgültigkeit der Ärzte und Schwestern, die ihre Patienten gerne einfach mal wegsperrten. Während mir der Vergangenheitsstrang sehr gut gefallen hat, ging mir das Liebesgeplänkel in der Gegenwart ein wenig auf die Nerven. Das wäre nicht notwendig gewesen und brachte oft Unruhe in den Lesefluss. Dennoch bin ich beeindruckt von der Recherche der Autorin, die sich mit diesem Buch wohl einen Herzenswunsch erfüllt hat. Von mir gibt es neben einer Leseempfehlung auch noch vier wohlverdiente Sterne dafür!
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